Hessisches Landesarbeitsgericht: Kirchenaustritt eines Chorleiters rechtfertigt keine Kündigung
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat hinsichtlich der Rechtfertigung der Kündigung eines katholischen Chorleiters wegen Kirchenaustritts ein bemerkenswertes Urteil gesprochen.
Im Ergebnis dürfte dieses jedoch aufgrund des Selbstverständnisses der Kirchenmusik insbesondere in der Evangelischen Kirche tendenziell nicht pauschal auf andere Konfessionen anwendbar sein:
Tritt ein Chorleiter aus der katholischen Kirche aus, rechtfertigt das keine außerordentliche Kündigung durch den kirchlichen Arbeitgeber.
Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts - Az.: 4 SLa 127/24
Sachverhalt
Im der Entscheidung zugrundeliegenden Fall war ein katholischer
Chorleiter aus der Kirche ausgetreten. Daraufhin kündigte ihm seine kirchliche Arbeitgeberin außerordentlich. Die Kündigung war laut Landesarbeitsgericht jedoch unwirksam. Sie verstoße gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), weil sie unmittelbar an die Religion des Arbeitnehmers anknüpfe. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten, den Kläger allein wegen seines Kirchenaustritts zu kündigen, war nach Auffassung des Gerichts nicht ersichtlich.
Eine bestehende Kirchenmitgliedschaft sei keine wesentliche und gerechtfertigte berufliche Anforderung im Sinne des AGG. Der Kläger nehme keine zentrale Rolle im Verkündigungsauftrag der Kirche
ein. Seine Tätigkeit als Chorleiter sei nicht hinreichend eng mit dem religiösen Selbstverständnis der Einrichtung verbunden.
Darüber hinaus habe die ursprüngliche Stellenausschreibung die Konfessionszugehörigkeit nur als Regelfall gefordert. Dort hieß es laut Urteil: „Sie sind interessiert, verfügen über die entsprechenden Voraussetzungen, gehören in der Regel der katholischen Kirche an und identifizieren sich mit deren Grundsätzen und Zielen?“ Diese Formulierung deutet nach Auffassung des Gerichts auf Ausnahmen hin.
Die ausgesprochene Kündigung sei daher auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht haltbar.
Die ausgesprochene Kündigung sei daher auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht haltbar.
Auswirkung auf die Praxis
Das erwähnte Urteil dürfte lediglich für den Bereich der katholischen Kirche anwendbar sein. In keinem Fall dürfte von einer Präzedenzwirkung ausgegangen werden. Vielmehr zeigen sich einmal mehr konfessionelle Unterschiede im Bereich der kirchenmusikalischen Beschäftigung.
Insbesondere die protestantischen Landeskirchen verstehen den kirchenmusikalischen Dienst als Bestandteil des Verkündigungsdienstes. Dieses ist in aller Regel bereits in den einschlägigen Kirchenordnungen festgeschrieben. Dies macht es allein schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit erforderlich, eine Kirchenzugehörigkeit bei Beschäftigten im Bereich der Kirchenmusik vorauszusetzen.